Online Persönlichkeits- entwicklung und Coaching wie am Laufband

Kritische Auseinandersetzung und was vorgefertigte Psycho-Online-Coachingprogramme so gefährlich macht: Wer im psychosozialen Feld Fuß fasst, bekommt leider eines schnell mit: Nämlich, dass BehandlerInnen und BeraterInnen oft mehr Schein statt Sein sind. Ein Feld also mit leider viel zu vielen Möchtegern-WunderheilerInnen, selbsternannten Gurus und regelrechten Betrügern, die auf Kosten von Klienten oder Patienten meist unbedacht mit dem Leben anderer „spielen“.

Während wir durch Insta und Co scrollen erscheinen immer wieder Onlinekurse auf: „Deine Persönliche Erfüllung –glücklich in nur 10 Wochen“, „Erfolgreich in nur 10 Tagen- Kompaktlehrgang für Führungskräfte und jene, die es einmal werden wollen“ „Selbst.bewusst – in nur 3 Wochen zu mehr Selbstwertgefühl“,…

Vorgefertigte, einheitliche Coachingprogramme in Form von wöchentlichen Online-Kursen wie diese schießen seit Jahren aus dem Boden wie „Schwammerl“. Dabei haben die selbsternannten Gurus und Coaches leichtes Spiel: Ihre Zielgruppe ist verwundbar und ihnen leider hilflos ausgeliefert. Es sind Menschen auf der Suche nach AnHALTspunkten und sie sind froh über jede Form von Unterstützung, die sie kriegen können. Als Laien unterscheiden sie dabei nicht zwischen verschiedenen Professionen oder haben zumindest nur eine ungefähre Ahnung was denn nun genau wer macht. Auch ein Platz bei PsychotherapeutInnen ist (vor allem in D) oft schwer zu bekommen oder zumindest mit langen Wartezeiten verbunden. Die Scham nach wie vor oft groß.

Wieso ist das denn nun aber so?

Die Zielgruppe von psychisch kranken oder leidenden ist, wie schon erwähnt sehr verletzlich und deshalb leider sehr empfänglich für falsche Versprechungen. Denn wenn es mir nicht gut geht, dann suche ich nach etwas, das mir helfen, was mir Halt geben kann. Bestenfalls schnell und leicht zugänglich. Was versprochen wird, nämlich, dass es durch Programm A oder B bald vorbei sein wird, wollen wir also nur allzu gerne glauben.

Wenn wir nur fest genug daran glauben, dann kann es vielleicht wahr werden…

Die meisten haben schon davon gehört oder gelesen. Die sogenannte „selbsterfüllende Prophezeiung“. Dabei wird das, woran wir einfach nur fest genug glauben, oft Wirklichkeit. Das gilt auch bei solchen Programmen. Dabei müsste uns doch eines von Anfang an klar sein: Wir sind alle unvergleichbare Individuen und unterscheiden uns von einander, sei es in Verhalten oder Persönlichkeit, dass es es ja eigentlich im Vorfeld bereits irgendwie absurd klingt, dass EIN einziges mehrwöchiges Programm bei allen die gleiche Wirkung zeigt bzw. Besserung oder Linderung irgendwelcher Symptome oder Beschwerden bringt. Wäre es doch nur so einfach, wie schön leicht wäre es dann. Doch die Psyche ist komplexer, lässt sich nicht auf ein einzelnes Programm reduzieren.

Doch warum sind vor allem diese (meist unseriösen) Angebote so präsent und sichtbar?

Das liegt einerseits daran, dass diese im Gegensatz zu PsychotherapeutInnen zB mit einer wirtschaftlichen Motivation an die Sache herangehen, weshalb sie ja schließlich auch solche Programme entwickeln, in denen sie möglichst wenig Einsatz zeigen müssen und dabei ganz von alleine Geld in die Kassa kommt. Andererseits gibt es eine Art von Wettbewerbs-Ungleichgewicht: Professionelle PsychohterapeutInnen sind einer Werberichtline unterstellt, die genau regelt inwieweit sie „Werbung“ machen dürfen. Deshalb scheinen in unseren Social Media Kanälen zumeist nur die unwissenschaftlichen bzw. eher unprofessionellen auf.

Sind nun also alle Coachingprogramme schlecht?

Ich möchte nicht das Bestehen solcher Programme bzw. Kurse gänzlich absprechen, auch wenn ich persönlich nicht viel davon halte, so glaube auch ich, dass es Personen gibt, denen sie durchaus auch helfen können. Sei es wirklich oder auch nur scheinbar, durch ihren Glauben daran. Der Glaube versetzt Berge, deshalb kommt es bestimmt auch bei unseriösen Coachingprogrammen zur Restitutio ad integrum- also zur Heilung.

Die Verlierer dieser „Industrie“ sind aber diejenigen, bei denen Schema F „Therapie und Beratung wie am Laufband“ keine gewünschte Besserung bringt. Und was tun diese dann für gewöhnlich? Sie sehen den „Fehler“, dass kein gewünschter Effekt entstand, bei sich, hüpfen zudem auch noch von einem überteuerten Programm zum nächsten, ohne, dass auch nur ein Funken Besserung eintritt. Nebenbei geraten dabei also nicht unerheblich viele zusätzlich in existenzielle Dilemmata. Die Lage spitzt sich also weiter zu.

Was also tun?

Es gilt, wie so oft: Mit einer guten Portion Skepsis an die Sache herangehen. Im Zweifelsfall fragt euer Umfeld oder direkt bei psychosozialen Professionen nach, was sie von dem ein oder anderen Programm halten und ob es sich „lohnt“ darin zu investieren. Grundsätzlich gilt die Faustregel: Wer Heilung oder Besserung verspricht, steht zumindest mit einem Bein bereits auf der unseriösen Seite. Denn Heilungsversprechen sind nicht nur unprofessionell, sondern etwas, das euch niemand geben kann. (Eine ungefähre Prognose hingegen schon).

Wir sprechen nicht alle auf dasselbe an, dazu sind wir einfach zu verschieden. Deshalb braucht es dringend individuelle Ansätze und Methoden, die das Gegenüber dort abholt, wo er gerade ist. Achtet bei solchen Programmen unbedingt darauf, dass im Vorfeld genug Information besteht, die aufzeigt, für welche Personen(-gruppen) das Programm gedacht ist und ob ihr in diese gesunde(!) Zielgruppe fällt. Außerdem muss bei einem seriösen Programm eine persönliche Betreuung erfolgen. Es soll also keinesfalls so ablaufen, dass Gewinne für den/ die Coaches tatenlos in die Taschen spielt. Für ein gutes Coaching wird individuelles Engagement und persönliche Betreuung nötig sein.

In diesem Sinne, aufgepasst beim Coachprogramm und liebe Grüße

Eure Melanie

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